CTEPH - Chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie

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Brigitte Reinhart
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Dr. rer. nat. Brigitte Reinhart
CTEPH ist eine seltene Krankheit, die entstehen kann, wenn der Körper nicht in der Lage ist, ein Blutgerinnsel in der Lunge aufzulösen. Dies kann zu Narbengewebe in den Blutgefässen der Lunge führen, was den normalen Blutfluss einschränkt und den Druck in der Lunge erhöht. Was bedeutet das genau? Woran erkennt man eine CTEPH und wie ernst ist die Erkrankung? Wie wird sie diagnostiziert und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Hier bekommen Sie Antworten auf diese und weitere Fragen.
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CTEPH  zählt zu den sogenannten Orphan Diseases. Das bedeutet, dass nur wenige Menschen weltweit davon betroffen sind. 

  • In Europa erkranken jedes Jahr schätzungsweise 2–6 von einer Million Erwachsenen neu an CTEPH. 
     
  • In der Schweiz erkranken schätzungsweise 10-15 Personen pro Jahr an CTEPH.

Die Anzahl der Menschen mit CTEPH steigt. Das liegt vermutlich daran, dass heute mehr über die Krankheit bekannt ist und CTEPH früher erkannt wird, besonders bei Patient:innen, die nach einer Lungenembolie weiterhin unter Atemnot leiden oder Risikofaktoren für die Entwicklung einer CTEPH aufweisen.

Was ist CTEPH?

Description


Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Informationen über die chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) einfach verständlich erklärt. Klicken Sie auf den Titel oder den grünen Pfeil, um mehr zu erfahren.


Die CTEPH zählt zur übergeordneten Kategorie der pulmonalen Hypertonie, die verschiedene Krankheiten umfasst, deren gemeinsames Merkmal ein erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf ist.

Vereinfacht gesagt steht CTEPH für:

C = chronisch: über einen langen Zeitraum
TE = thromboembolisch: aufgrund von Verstopfungen durch Blutgerinnsel
P = pulmonal: in den Blutgefässen der Lunge 
H = Hypertonie: Bluthochdruck. 


Von Lungenhochdruck spricht man bei einem mittleren Blutdruck von >20 mmHg in den Lungenarterien. Normal sind 15-20 mmHg.

Lesen Sie auch die Informationen unter Was ist pulmonale Hypertonie. Es kann Ihnen helfen, die Zusammenhänge besser zu verstehen.


In den meisten Fällen ist CTEPH die Folge einer akuten Lungenembolie. Diese wiederum wird meist durch eine Venenthrombose verursacht.

Menschen mit bestimmten Krebskrankheiten, Blutgerinnungsstörungen, Erkrankungen der Schilddrüse, Milzentfernung oder nach einer Operation haben ein höheres Risiko, eine Venenthrombose zu entwickeln, aber sie kann manchmal auch ohne erkennbare Ursache auftreten. Sie tritt häufig im Bein auf, das dann in der Regel geschwollen, rot und schmerzhaft ist, kann aber auch in anderen Venen des Körpers auftreten.

Wenn sich ein Teil oder das gesamte Blutgerinnsel vom ursprünglichen Ort in den Venen löst, wird es mit dem Blut zum rechten Herzen transportiert. Von dort aus kann es weiter in die Lungenarterie gelangen und dort in den Verästelungen stecken bleiben.

Bild: Lungenembolie, Venenthrombose und Blutgerinnsel

  • Grosse akute Lungenembolien werden oft erkannt und mit Blutverdünnern behandelt. 
     
  • Kleine Lungenembolien können auch symptomlos sein und werden daher nicht diagnostiziert. Meistens lösen sich die Gerinnsel durch die Behandlung mit Blutverdünner auf oder kleine Gerinnsel verschwinden sogar von selbst. In einigen Fällen jedoch bleibt das Gerinnsel, möglicherweise zusammen mit anderen, in den Lungenarterien und führt zu einer chronischen Verstopfung.
     
Die Lungengefässe verändern sich, es entsteht ein Lungenhochdruck

Die Verstopfung eines oder mehrere Lungengefässe führt zu einer kontinuierlichen Zunahme des Blutflusses in den nichtverstopften Gefässen, was zu einem höheren Druck im Lungenkreislauf führt.

Der hohe Druck schädigt die Wände der kleinen Lungengefässe: es kommt zu einer Bildung von Narbengewebe und einer Verdickung der Muskelwände. Der Durchlass wird kleiner und der Blutfluss erschwert, was den Blutdruck im Herz-Lungen-Kreislauf erhöht. Somit entsteht eine Chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH).

Bild: Veraenderungen der Blutgefaesse
 

Das Herz wird schwächer

Aufgrund des erhöhten Widerstands muss die rechte Herzhälfte stärker pumpen, was zunächst zu einer Verdickung des Herzmuskels führt. Im Laufe der Zeit wird das rechte Herz grösser und der Muskel dehnt sich: das Herz schafft es nicht mehr, seine normale Funktion auszuüben. Dieser Zustand wird als Rechtsherzinsuffizienz bezeichnet.

Da das Blut weniger effizient in den Lungen zirkuliert, wird dort weniger Sauerstoff aufgenommen, und die Atmung wird verstärkt, um das auszugleichen.
 

Bild: Herz bei PH

Wichtig: Die CTEPH ist unter den Krankheitsformen der pulmonalen Hypertonie einzigartig, da nur sie durch einen chirurgischen Eingriff zur Entfernung des Blutgerinnsels möglicherweise nebst der lebenslange Blutverdünnung behandelt werden kann. Es gibt auch Medikamente zur Behandlung von CTEPH.

Unter Wie wird CTEPH behandelt erfahren Sie mehr.

Im Frühstadium sind die Symptome der CTEPH denen anderer Herz- und Lungenerkrankungen sehr ähnlich. In fortgeschritteneren Stadien stehen sie immer in Zusammenhang mit einem erhöhten Druck in den Lungengefässen, einer verminderten Sauerstoffzufuhr und einer Rechtsherzinsuffizienz.

Zu den Symptomen der CTEPH können zählen:
  • Kurzatmigkeit
  • Schmerzen in der Brust
  • Erschöpfung
  • Schwindel
  • Schwellung der Füsse
  • Herzklopfen
  • Husten.

Anfangs treten die Symptome vor allem bei körperlicher Anstrengung auf, aber unbehandelt können die Beschwerden auch in Ruhe auftreten.

Eine anhaltende Atemnot nach einer akuten Lungenembolie, die mit Blutverdünnern behandelt wurde, kann ein Zeichen für eine CTEPH sein.

Wenn Sie möchten, lesen Sie auch Symptome der pulmonalen Hypertonie. Dort finden Sie ausführlichere Informationen.


Die Symptome der CTEPH im Frühstadium sind unspezifisch und können auch auf andere Erkrankungen hindeuten. Deshalb kann die Diagnosestellung im Frühstadium eine Herausforderung sein und mehrere Monate dauern.

Wenn bei der Diagnose einer akuten Lungenembolie Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz vorliegen, kann dies ein Hinweis auf eine bereits bestehende CTEPH sein.

Routineuntersuchungen

Zunächst werden Routineuntersuchungen durchgeführt, wie z.B.:

  • Bluttest
  • Elektrokardiogramm und Ultraschall des Herzens, um ein erstes Bild der Herzfunktion zu bekommen,
  • Röntgenaufnahme der Lunge, um mögliche andere Erkrankungen zu erkennen.
  • Lungenfunktionsprüfung
Spezifische Untersuchungen

Wenn der Verdacht auf eine CTEPH vorliegt, können spezifische Untersuchungen angeordnet werden:

  • Ventilations- und Perfusions-Szintigraphie der Lunge
  • Rechtsherz-Katheter-Untersuchung
  • Bluttest, um mögliche Gerinnungsprobleme zu erkennen

Unter Diagnose der pulmonalen Hypertonie sind die genannten Diagnoseuntersuchungen ausführlich beschrieben. 

Die pulmonale Angiografie kann die Diagnose CTEPH bestätigen.

Die pulmonale Angiografie ist ein bildgebendes Verfahren, bei dem die Blutgefässe in der Lunge mittels eines speziellen Farbstoffs und Röntgenstrahlen sichtbar gemacht werden. 


Die CTEPH ist die einzige Form der pulmonalen Hypertonie, die mit einem chirurgischen Eingriff, der pulmonalen Endarteriektomie (PEA), behandelt werden kann. Daher sollte die Möglichkeit der Durchführung dieser Operation in einem spezialisierten Team besprochen werden. Ein solches spezialisiertes Team wird von der Schweizerischen Gesellschaft für Pulmonale Hypertonie durch das CTEPH-Board bereitgestellt.

Zu den Behandlungsmöglichkeiten der CTEPH zählen:

  • pulmonale Endarteriektomie (PEA)
  • pulmonale Ballonangioplastie (BPA)
  • medikamentöse Therapien, insbesondere Antikoagulanzien

Die Behandlung erfordert eine umfassende, individuell auf die Patient:innen abgestimmte Behandlungsstrategie und die Betreuung durch ein spezialisiertes Team.

Die pulmonale Endarteriektomie (PEA)

Bild: Die pulmonale Endarteriektomie

Die PEA ist ein komplexer chirurgischer Eingriff, bei dem Blutgerinnsel und Narbengewebe aus den Lungenarterien entfernt werden. Dadurch verbessert sich der Blutfluss und es kommt zu einem deutlichen Abfall und manchmal gar zu einer Normalisierung des Lungendrucks.

Der Eingriff wird unter Vollnarkose durchgeführt. Um zur Lungenarterie zu gelangen, wird der Brustkorb im Bereich des Brustbeins geöffnet. Durch einen kleinen Schnitt im Hauptstamm der Lungenarterie wird das Gerinnsel zusammen mit der inneren Schicht der Gefässwand entfernt.

Um eine gute Sicht auf die Lungenarterien zu gewährleisten, muss der Eingriff im vollständigen Kreislaufstillstand durchgeführt werden. Das geschieht an der Herz-Lungenmaschine, wobei der Körper der Patientin oder des Patienten auf 18°C Temperatur abgekühlt wird. Die Operation dauert ca. 20 bis 30 Minuten.

  • Der Entscheid, ob diese anspruchsvolle Operation durchgeführt werden kann und die betroffenen Gefässe zugänglich sind, muss von einem spezialisierten Team getroffen werden. 
  • In der Schweiz wird diese anspruchsvolle Operation nur am Universitätsspital Zürich durchgeführt.


Die pulmonale Ballonangioplastie (BPA)

Bild: Die pulmonale Ballonangioplastie

Die BPA ist ein chirurgischer Eingriff zur Erweiterung verengter oder blockierter Lungenarterien. Diese minimal-invasive (Medizinischer Eingriff mit möglichst kleinen Schnitten und minimaler Schädigung des umgebenden Gewebes) Operation wird in der Regel dann durchgeführt, wenn eine pulmonale Endarteriektomie nicht möglich oder nicht ausreichend ist.

Dabei wird ein Katheter mit einem kleinen Ballon an der Spitze in die verengten Blutgefässe der Lunge eingeführt. Der Ballon wird dann aufgeblasen, um die Blutgefässe zu erweitern und somit den Gefässwiderstand zu senken. 

Die Erweiterung der Lungenarterien wird meistens in mehreren zeitlich getrennten Eingriffen durchgeführt. Die Operation erfordert Erfahrung und kann nur von Spezialist:innen durchgeführt werden.


Medikamentöse Therapie

Alle Patient:innen, unabhängig davon, ob sie einen chirurgischen Eingriff hatten, sollten lebenslang Antikoagulantien einnehmen, um die Bildung neuer Blutgerinnsel zu verhindern.

Für Patient:innen, bei denen eine Operation nicht in Frage kommt oder bei denen die Operation allein nicht ausreichend war, stehen Medikamente zur Verfügung, welche den Blutdruck in den Lungenarterien senken und die Belastung für das Herz verringern.

Unter Behandlung der pulmonalen Hypertonie sind die verschiedenen Therapiemöglichkeiten genauer beschrieben.

Begleitend können ein kontrolliertes Rehabilitationsprogramm oder psychologische Unterstützung geeignete Optionen sein, um die körperliche Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität zu steigern.

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Brigitte Reinhart
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Dr. rer. nat. Brigitte Reinhart
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Medical Services Manager, MSD Schweiz

Brigitte Reinhart ist ausgebildete Molekularbiologin und Gentechnologin. Sie ist sehr erfahren in angewandter medizinischer Forschung und arbeitet seit mehr als 15 Jahren in medizinischen Abteilungen grosser pharmazeutischer Unternehmen. Als Medical Services Manager von MSD stellt sie die Qualität und Richtigkeit der hier veröffentlichten Inhalte sicher.